Rede zur Kranzniederlegung am Ehrenmal Pfingstdienstag 2024
Rede zur Kranzniederlegung am Ehrenmal Pfingstdienstag 2024
Liebe Schützenschwestern, liebe Schützenbrüder,
bei der Vorbereitung dieser Ansprache, bin ich auf eine Rede der Schwedischen Kronprinzessin Victoria von Schweden gestoßen, die sie 2023 vor dem deutschen Bundestag gehalten hat. Die Worte haben mir imponiert, darum will ich Sie Euch auch nicht vorenthalten und habe sie in Teilen in diese Rede einfließen lassen.
Kaum jemand weiß mehr über die Zerbrechlichkeit einer Zivilisation als das deutsche Volk. Kaum jemand kennt den Unterschied zwischen Frieden und Krieg, zwischen Freiheit und Unterdrückung, zwischen Hoffnung und Abgrund, zwischen Normalität und Katastrophe besser. Dies haben wir in der Schule gelernt, aber wir wissen es zum Teil auch aus Erzählungen von Eltern, Großeltern, Verwandten und Freunden, die den 2. Weltkrieg überlebt haben. Die von Ihren Erlebnissen, Ihrem Schicksal und den Schicksalen Anderer berichteten. So bekamen wir zumindest einen Bruchteil dieser bitteren Erfahrung vermittelt.
Die deutsche Erfahrung mag einzigartig sein, enthält aber Erkenntnisse, die weit über sie hinausreichen. Eine davon ist, dass Frieden und Freiheit keine Naturgesetze sind, auf die wir uns verlassen können.
Freiheit ist ein Gut, das zerbrechlicher ist, als wir denken, und für das sich jeder von uns einsetzen muss; im Großen wie im Kleinen. Wir können dies jeden jeden Tag tun, indem wir Rücksicht nehmen und Respekt zeigen; Nicht nur heute in unseren Uniformen vor dem Ehrenmal in Bunnen, nein, jeden Tag – indem wir unsere Demokratie und unsere Grundrechte leben und verteidigen.
Ich sage das mit großem Ernst, denn wir versammeln uns hier in ernsten Zeiten.
Die Menschheit steht vor Herausforderungen, die immer schwieriger und dringlicher werden. Die Stimmung in der Welt ist so eisig wie seit langem nicht mehr. Die groß angelegte russische Invasion in der Ukraine bedroht den Frieden auf unserem gesamten Kontinent, erschüttert die Grundfesten der Weltordnung und verursacht unermessliches menschliches Leid. Seit 729 Tagen werden Städte und Gemeinden zerstört, Hunderttausende Menschen getötet und Millionen vertrieben. Es ist ein Krieg, der uns an die dunkelsten Kapitel der europäischen Geschichte erinnert.
Hinzu kommen die Entwicklungen im Nahen Osten nach den schrecklichen Angriffen der Hamas auf israelische Zivilisten. Wir sehen entsetzliche Bilder aus Gaza mit großem menschlichem Leid. Der Schutz aller Zivilisten, sowohl in Israel als auch in Gaza, muss garantiert und das humanitäre Völkerrecht respektiert werden. Zu jeder Zeit, unter allen Umständen.
Unsere Generation ist mit mit einem geteilten Deutschland und dem Fall der Mauer aufgewachsen.
Ich wünschte, der Optimismus, der damals alle erfüllte, könnte die Welt und Deutschland auch weiterhin prägen. Das würde der aktuellen politischen Entwicklung helfen und die politische Ausrichtung vieler wieder zentrieren.
Wir müssen gemeinsam Verantwortung übernehmen. Wir dürfen niemals die Lehren aus den Schrecken von Krieg und Tyrannei vergessen. Und es ist wichtig, unsere Kinder und Jugendlichen daran zu erinnern, dass aus den schwierigsten Erfahrungen eine Kraft zur Veränderung erwachsen kann.
Die deutsche Erfahrung zeigt, dass es möglich ist, selbst die dunkelste Vergangenheit zu überwinden.
Lasst uns gemeinsam dazu beitragen, dass wir nie wieder ins dunkle Blicken werden.
Die Gefallenen, denen wir heute gedenken, sollen uns Mahnung genug dafür sein.
Vielen Dank
Text: Gregor Meyer 21.05.2024